Wer Big Bang Theory kennt, kennt natürlich auch Sheldon Cooper… hochbegabt aber ein Paradebeispiel für mangelnde emotionale Intelligenz. Natürlich ist Sheldon ein sehr plakatives Beispiel – aber was macht emotionale Intelligenz wirklich aus? Wie sieht´s mit meiner emotionalen Intelligenz aus? Kann man emotionale Intelligenz messen? Kann man emotionale Intelligenz etwa auch trainieren? All das sind Fragen die ich in diesem Blogpost beantworten möchte…
Was versteht man unter Emotionaler Intelligenz?
Prinzipiell gibt es unterschiedliche Zugänge zum Thema emotionale Intelligenz – so wie bei eigentlich allen Thematiken in der Psychologie. Unter emotionaler Intelligenz versteht man nicht zwingend, dass man Menschen „durchschauen“ oder etwa ihr Verhalten vorhersagen kann (so wie es beispielsweise in einer recht bekannten Fernsehserie dargestellt wird). Emotional intelligente Menschen fallen dir im Alltag vielleicht gar nicht auf. Sie können sich gut anpassen. Heißt das etwa, dass alle Menschen die sich nicht anpassen wollen einen Mangel an emotionaler Intelligenz aufweisen? NEIN! Es ist wie immer nicht ganz so einfach…
1. Emotionen zutreffend wahrnehmen, bewerten und ausdrücken
Hört sich einfach an… ist es aber gar nicht. Natürlich kannst du sofort erkennen wenn dein Gegenüber wütend ist: Die Nasenflügel blähen sich auf, die Augen werden zu Schlitzen geformt und die Kiefermuskulatur spannt sich an. Optische Anzeichen für Wut – ich habe jetzt absichtlich diese Emotion genommen, weil sie so offensichtlich ist. Wahrscheinlich kannst du auch Freude wahrnehmen… aber kennst du den Unterschied zwischen echter und gespielter Freude? Da wird es schon kniffliger. (Echte Freude zeigt sich übrigens durch kleine Fältchen rund um die Augen 😉 ) Man muss aber eigentlich gar nicht – so wie ich es jetzt getan habe – Emotionen anhand mimischer Merkmale beschreiben können um sie wahrzunehmen. Auch wenn Menschen nicht wissen warum sie diese oder jene Emotion wahrgenommen haben, haben sie es getan. Manche Emotionen sind -universal- eindeutig.
Es fällt auch nicht schwer, angemessen auf bestimmte Emotionen zu reagieren. Wenn dein Gegenüber wütend ist, wirst du entweder versuchen zu beschwichtigen oder zumindest nicht mehr zu provozieren. Wenn du auch noch sowas wie „Ist klar, dass dich das wütend macht“ sagst, hast du die unterste Stufe der emotionalen Intelligenz erfüllt.
2. Emotionen nutzen bzw. auslösen um Denken zu ermöglichen
Das hört sich viel komplizierter an als es tatsächlich ist. Du machst das jeden Tag, manchmal bewusst, manchmal total unbewusst. Zum Beispiel „Mitgefühl“. Das ist eine Emotion die man selbst auslösen kann, man lässt sich darauf bewusst ein. (Du brauchst nur beobachten was passiert, wenn du dir die Nachrichten bewusst – und nicht nur nebenbei – ansiehst, das lässt niemanden kalt). Man fühlt mit anderen Personen mit und kann dies nutzen um Trost zu spenden. Aber auch andere positive Gefühle wie z.B. Dankbarkeit und bewusst Genießen kann man für sich nutzen.
3. Emotionale Muster verstehen: emotionales Wissen
Jetzt wird die Sache ein wenig kniffliger… wir befinden uns nun auf der Strategie-Ebene. Wie ich schon im ersten Punkt beschrieben habe, können sich Emotionen durch Mimik ausdrücken. Aber es gehört noch viel mehr zu einer Emotion als ein mimischer Ausdruck. Es ist oft ein Zusammenspiel vieler Komponenten die eine Emotion erst zum mimischen Ausdruck bringen. Welches Gefühl liegt einer bestimmten Emotion zugrunde?
Dazu musst du natürlich wissen, dass es einen Unterschied zwischen Gefühl und Emotion gibt. Unter Emotion versteht man (zumindest in dem von mir gewählten Zugang) einen universell gültigen Ausdruck. Es gibt laut Paul Ekman 6 Basisemotionen (Wut, Trauer, Freude, Angst, Ekel & Überraschung) die global gültig sind. Diese Emotionen drücken sich durch eine bestimmte Mimik aus. Beispielsweise ist die Basisemotion Ekel die Grundlage für das Gefühl Verachtung – Ekel wird durch wortwörtliches Naserümpfen zum Ausdruck gebracht. Jetzt denkst du dir vielleicht, dass das Informationen sind die ja nicht der breiten Masse gelehrt werden. Natürlich musst du kein Psychologe oder eine Psychologin sein um emotionales Wissen zu besitzen. Wie schon in Punkt eins beschrieben – man muss nicht zwingend aufzählen/benennen können um zu wissen was Sache ist.
Wenn du ein emotionales Wissen besitzt, kannst du auch ohne den Zusammenhang zwischen Ekel und Verachtung wissen, was Verachtung ausmacht. Jemand verachtet eine andere Person nicht ohne Grund – wenn du das weißt, dann kannst du dieses Wissen strategisch nutzen um der Entwicklung dieser Verachtung auf den Grund zu gehen. Das gilt natürlich auch für dich selbst. Es ist immer wieder spannend seinen eigenen Gefühlen auf den Grund zu gehen. Emotional intelligente Menschen machen dies übrigens andauernd – damit schulen und trainieren sie ihre eigenen Fähigkeiten.
4. Emotionen regulieren
Einer der wichtigsten Punkte. Vielleicht auch der Punkt warum emotional intelligente Menschen nicht auffallen – und wenn, dann nur positiv. Das Regulieren von Emotionen vereint alle zuerst genannten Punkte miteinander. Wenn du deine und die Emotionen anderer wahrnehmen kannst, kannst du adäquat darauf reagieren und sie bei dir selbst und anderen regulieren.
Ich habe in einem anderen Blogpost dieses Beispiel schon mal erwähnt: Wenn dir eine Situation super peinlich ist, gibt es viele Möglichkeiten wie du darauf reagieren kann. Eine der mir bevorzugten Szenarien ist es, es einfach auszusprechen. Das verändert die komplette Situation. Scham – das Gefühl – liegt der Basisemotion Angst zugrunde. Ich habe Angst nicht zu genügen. Jemand der zu Perfektionismus neigt, kennt das Schamgefühl nur zu gut… Wenn ich jedoch meine Emotion – also eigentlich die Angst – (an)erkenne und diese zum Ausdruck bringe, löst es normalerweise eine angemessene Reaktion bei meinem Gegenüber aus – und diese entschärft die Situation an sich.
Einfach zu sagen „Das ist mir jetzt aber so richtig unangenehm und peinlich“ bringt den Gesprächspartner dazu sich mit meinem Gefühlsleben auseinanderzusetzen. Das heißt, wenn dein Gegenüber vielleicht nicht erkennen konnte, dass dir die Situation peinlich ist, dann weiß er es jetzt und wird mit einem „Da muss dir doch nichts peinlich sein“ reagieren. Je nach Situation kann es auch in einem gemeinsamen Gelächter enden… Ich habe noch NIE erlebt, dass jemand ernsthaft sagt: „Das muss dir jetzt auch peinlich sein!“
Eine Möglichkeit die noch viel weiter geht und etwas mehr Übung braucht: Es gibt nichts, wofür du dich schämen müsstest. In der Ausbildung zum Verhaltenstherapeuten stehen auf dem Lehrplan für angehenden Therapeuten „Übungen zum Schämen„. Bist du schon mal mit aufgespannten Regenschirm durch die U-Bahn Schächte gelaufen? Hast auf einem öffentlichen Platz laut gesungen? Mal absichtlich kein Geld zum Einkaufen mitgenommen? Wahrscheinlich nicht – ist auch ok, du musst das nicht machen 🙂 . Es ist aber tatsächlich so, dass es bei Emotionsregulation auch darum geht, Emotionen/Gefühle aushalten zu können. Eine grundlegende Fähigkeit um auslösende Reize umzubewerten.
Emotionen im Alltag regulieren
Die Wut. Jeder kann sich an Situationen erinnern die einen wütend gemacht haben. Hier ist Emotionsregulation von Vorteil – auch um Folgeschäden zu vermeiden. Im Affekt Dinge zu sagen die man später bereut war jahrelang einer meiner Klassiker genauso wie beleidigt sein wenns andersrum war.
Seine Wut regulieren zu können ist wirklich ein Segen und das kann man lernen. Wut erkennen, Wut aushalten (eventuell auch einen Szenenwechsel veranlassen – mal raus an die frische Luft), Ansprechen, Gefühle offenbaren. Wenn es darum geht Wut zu erkennen, ist es auch hilfreich sein gesamtes Paket zu kennen.
Spannen sich die Muskeln an? – Entspannen
Atme ich schneller? – Langsames Atmen erzwingen
Ist meine Haltung vorgebeugt? – Zurücklehnen
Lasse ich mich provozieren? – Provokationen erkennen und nicht darauf eingehen
Habe ich eigentlich wirklich einen Grund wütend zu werden? –Fakten objektiv prüfen (Missverständnisse und so…)
Ist die Situation überhaupt noch veränderbar? Sollte ich sie vielleicht hinnehmen und lieber an zukünftigen Strategien arbeiten um besser damit leben zu können (nach vorne schauen 😉 ) ?
Wie fühle ich mich? Ist es nur Wut? Oder vielleicht auch Enttäuschung, Verletzung, Trauer, Verlust?
Und abschließend nicht vergessen: „Ich habe Gefühle“ und nicht „Ich bin meine Gefühle“
Bin ich emotional intelligent?
Das kann ich nicht beantworten! Wenn du nicht wie Sheldon Cooper durch die Welt läufst hast du gute Chancen 😉
Theoretisch kann man emotionale Intelligenz messen, aber ist das überhaupt wichtig? Viel wichtiger ist doch zu wissen, dass viele Dinge einfach gelernt werden können. Bewusst genießen, Dankbarkeit, Mitgefühl, Selbstreflexion… alles Dinge, die emotional intelligente Menschen aufweisen und alles Dinge die man lernen kann. Zum Thema Bewusst genießen gibt es bereits einen Beitrag! Wenn dich noch andere Themen interessieren, hinterlasse doch ein Kommentar 🙂
Dieser Post ist wieder unglaublich lang geworden und ich konnte das Thema gerade mal anreißen… Wenn du noch mehr über die einzelnen Punkte wissen möchtest, lass es mich wissen!
Habt einen wunderbaren Sonntag und nicht vergessen für das Thema nächsten Sonntag abzustimmen!