Alleine Wandern – warum ich es liebe

by Sabrina

Es ist gerade mal eine Stunde her, dass ich von meiner Solo-Wanderung nach Hause gekommen bin. Seit meinem Absturz im März war ich eigentlich nicht mehr alleine am Berg. Alleine Wandern ist ja immer so eine Sache… man ist eben alleine. Auf sich gestellt. Hat keinen mit dem man sein Leid teilen kann und auch niemanden der einem helfen könnte. Trotzdem, oder gerade deshalb liebe ich es alleine zu Wandern. 

Ganz alleine Wandern?

Du warst ganz alleine? Nein… ganz stimmt das natürlich nicht. Ich hatte ja noch Roxy dabei. Aber die kann dir auch nicht helfen wenn dir etwas passiert… Richtig. Natürlich, nach meinem Absturz war die Lust alleine auf den Berg zu marschieren im Keller. Immer wieder hatte ich diese Flashbacks von dieser endlos-scheinenden Rutschpartie über das spiegelglatte Schneefeld des Göllers. Trotzdem gab es diese Stimme in mir die mir andauernd sagte ich MÜSSE da nochmal hoch – und zwar alleine und so schnell als möglich. Viel zu lange war ich dazu gar nicht in der Lage. Ich konnte gute zwei Wochen nicht ohne Schmerzen gehen. An eine (halb) alpine Wanderung war da natürlich im Traum nicht zu denken. Und selbst heute spüre ich noch die Nachwehen meiner eingerissenen Wadenmuskulatur.

Als ich wieder fit war, planten wir den Aufstieg auf den Göller einige Male aber irgendwie wollte das Wetter niemals so recht mitspielen. Entweder es regnete oder es wehte zu starker Wind. Um zum Gipfel des Göllers zu kommen muss man einen recht langen Grat entlang gehen und auch die letzte steile Etappe ist absolut ungeschützt. Starker Wind kann dich da schon mal wegblasen. Somit dauerte es bis heute bis ich endlich meinen Berg besteigen konnte.

Montag ist mein freier Tag. Natürlich nur meiner… *haha* Es stellte sich somit die Frage: „Gehe ich alleine oder schiebe ich es wieder auf?“ Die Wahl fiel auf ICH GEHE ALLEINE. Ich beobachte das Wetter schon seit Wochen. Insgeheim wusste ich, dass ich alleine auf den Göller muss. Ich musste mich nochmal damit konfrontieren. Mich selbst umkonditionieren. Das ist wie nach einem Autounfall… man muss einfach wieder einsteigen und fahren – nur kein Vermeidungsverhalten aufbauen.

Ich habe es vermisst alleine zu Wandern

Es ist nunmal so, dass ich eine Träumerin oder Schlenderin bin – ich beobachte gerne alles um mich herum. Ich beobachte die Ameisen die meinen Weg kreuzen, ich versinke in der Weite, ich bleibe stehen und berühre Baumrinden, mache Fotos… Wenn man jemanden dabei hat, muss man sich natürlich ein wenig anpassen. Ich kann von niemanden verlangen, dass er aus einer 1,5 Stunden  Wanderung eine 3-Stündige macht. Selbstverständlich liebe ich es auch gemeinsam zu wandern, aber alleine zu wandern ist eben nochmal was anderes.

Sometimes, it feels better not to talk. At all. About anything. To anyone.

Solivagant

Solivagant – alleine Wandern

Man ist einfach auf sich selbst gestellt. Man geht sein eigenes Tempo, muss seine eigenen Grenzen kennen, muss sich selbst motivieren. Wenn ich beispielsweise mit Benni wandern gehe, gehen wir ein ganz anderes Tempo. Sportlich wäre wohl die passende Beschreibung ;-).

Heute habe ich fast eine Stunde am Gipfel verbracht. Gemütlich mein Mittagessen gegessen, Fotos gemacht, die Aussicht genossen und Selbstgespräche geführt.

Dieses Gefühl wenn man ganz oben steht, hinunter blickt und plötzlich realisiert, dass man das alles alleine geschafft hat, ist man einfach überwältigt und stolz. Ich habe schon lange keinen richtig vollgepackten Rucksack mehr getragen. Normalerweise teilen wir es auf. Ich trage dabei aber immer viel weniger als Benni. Heute habe ich einen 8kg schweren Rucksack auf 1.766m geschleppt. Und bei nicht mal 50kg Trockengewicht sind 8kg echt viel *haha*. SideNote: Habe ihn zuhause abgewogen weil er mir so extrem schwer vorkam… zurecht …

Aber all das ist es was es ausmacht. Ich konnte heute bei einer sehr steilen Passage am Grat spüren wie mein Puls auf Hochtouren lief und langsam dieses „Laktat schießt ein“- Gefühl in den Beinen zu vernehmen war. Dieses Gefühl bevor dir schwarz vor den Augen wird. Ich habe es mehr oder weniger ignoriert. Ich kenne meinen Körper und weiß „ein bissal geht immer noch“. Nach dieser Passage habe ich mich wortwörtlich ins Gras fallen lassen und gerastet. Gespürt wie sich mein Körper wieder erholt während ich auf den strahlend blauen Himmel gestarrt habe. Wenn man alleine ist, hat man nur sich. Man kann sich nur auf sich konzentrieren. Man kann zwar jammern aber niemand hört dich. Man muss es mit sich selbst ausmachen.

Alleine Wandern

Wenn man alleine wandert hat das beinahe einen meditativen Charakter. Man führt Geist und Körper wieder zusammen. Die Natur erdet dich. Da draußen hat alles seinen Platz. Alles ist wie es sein soll und man hat die Möglichkeit sich dieser natürlichen Perfektion anzuschließen. Eins zu werden mit der Umgebung.

Trotzdem, auch wenn ich wirklich ein Fan davon bin alleine zu wandern muss ich euch, in Anbetracht des vergangenen unschönen Erlebnisses, ein paar Dinge ans Herz legen.

  • Sucht euch eine Tour die euren Erfahrungen und Fähigkeiten gerecht wird –  wenn man z.B. keine Klettersteig Ausrüstung hat oder noch nie einen Klettersteig betreten hat, braucht man nicht einmal daran denken eine Wanderung mit Klettersteigen zu wählen. Selbst wenn sie nur einen Klettersteig beinhaltet.
  • Wettervorhersagen checken – nicht nur iPhone Wetter 😉
  • Proviant, Handy und Notfallausrüstung (mind. Stirnlampe, warme Kleidung, Regenschutz) einpacken. Eventuell auch Wanderstöcke wenn Bedarf besteht.
  • Wenn ihr bei einer Tour lest, dass diese nur zu bestimmten Jahreszeiten zu empfehlen ist, dann nehmt das ernst…
  • Nehmt euch genug Zeit

Ich weiß, das klingt so nach erhobenen Zeigefinger… aber glaubt mir, ich habe von diesen Punkten nur einen Punkt nicht beachtet und habe es wochenlang bereut…


Habt ihr Lust alleine zu wandern oder wandert ihr lieber im Rudel? Oder hat jemand schon mal Erfahrungen mit Solowanderungen gemacht? Wenn ja, welche?

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2 comments

Das war 2017 – Jahresrückblick Teil 1 - BeRoSa GoGreen 7. Dezember 2017 - 18:17

[…] Alleine Wandern – warum ich es liebe […]

Reply
Anna 12. März 2018 - 20:11

Guter Post! Ich wandere ausgesprochen gerne allein. Mache mich auch heuer allein am Weg von meiner neuen in meine alte Heimat über alle 7 Berge die am Weg liegen.

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